Bruch mit Nike: Kobe Bryants Witwe kämpft um sein Vermächtnis (2024)

Vanessa Bryant will das Erbe der verstorbenen Basketballlegende bewahren – als Familienprojekt statt in Zusammenarbeit mit dem Sportartikelgiganten.

Roman Schuppli

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Bruch mit Nike: Kobe Bryants Witwe kämpft um sein Vermächtnis (1)

Kobe Bryant ist nicht mehr, doch die Erinnerung an die Sportikone lebt weiter. In gewissen Momenten auf dem Spielfeld, mit Bryants Aufnahme in die Ruhmeshalle des Basketballs – und in Basketballschuhen.

Wenn in der nordamerikanischen Basketballliga NBA in der Nacht auf Mittwoch das neuartige Play-in-Turnier beginnt und wenig später die Play-offs starten, werden zahlreiche Spieler die Schuhe von Kobe Bryant tragen. Die von Bryant und Nike konzipierten Sneaker sind so etwas wie der Goldstandard, geschätzt aufgrund ihrer Funktionalität und des schnittigen Designs. Viele Profis spielen auch zwecks Hommage auf die tödlich verunglückte Basketballlegende in deren Schuhmodellen. Vielleicht hoffen sie, damit die Entschlossenheit und den Siegeswillen auszudrücken, die Bryant zeitlebens auszeichneten.

Kobe Bryant und Nike – das gehörte irgendwie immer zusammen. Doch im April endete die fast zwanzig Jahre dauernde Zusammenarbeit zwischen Bryant und dem Sportartikelgiganten. Die neuen, noch nicht lancierten Kollektionen der Nike-Untermarke Black Mamba werden eingestampft. Verantwortlich für das Ende der Geschäftsbeziehung: Vanessa Bryant, 39 Jahre alt, Kobes Witwe. Sie liess den Vertrag mit Nike auslaufen.

Warum macht sie das?

Rechtsstreit mit der Polizei

Im Januar 2020 liessen der 41-jährige Kobe Bryant, seine 13-jährige Tochter Gianna Bryant sowie sieben weitere Personen bei einem Helikopterabsturz in der Nähe von Los Angeles ihr Leben. Polizeibeamte des Los Angeles County Sheriff’s Department (LASD), die als Erste an der Unfallstelle eingetroffen waren, fotografierten die Leichname der prominenten Opfer zu privaten Zwecken. Ein Hilfssheriff machte am Unfallort Dutzende Fotos, die Bilder zeigte er Arbeitskollegen und einem befreundeten Barkeeper.

Damit war eingetreten, was Vanessa Bryant unbedingt hatte vermeiden wollen: dass die Privatsphäre von Kobe, Gianna und den Angehörigen durch die Sensationslust von pietätlosen Behördenvertretern verletzt wird. Vanessa Bryant hatte Alex Villanueva, den leitenden Sheriff des LASD, unmittelbar nach dem Unglück explizit auf diese Gefahr hingewiesen – vergeblich.

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Daraufhin verklagte Vanessa Bryant das Sheriff’s Department und die vier beteiligten Hilfssheriffs. Mehr noch: Sie ging zum Gegenangriff über – und ging entschlossen gegen das LASD vor. In den sozialen Netzwerken prangerte sie die Vernebelungstaktik der Polizeiorganisation an, die den Vorfall herunterspielen wollte, und kritisierte Villanueva, dessen Führungsstil und Methoden von Bürgerrechtsbewegungen seit längerem beanstandet werden. Die «New York Times» schrieb, in Vanessa Bryant sei dem LASD eine neue, mächtige Gegnerin erwachsen. Das LASD habe es für einmal mit einer gutsituierten Person zu tun, die sich nicht so einfach abwimmeln lasse.

Förderung von Mädchensport

Die neue Rolle von Vanessa Bryant erstaunt. Während Kobe Bryants Aktivkarriere hielt sich das frühere Model meist im Hintergrund. Sie begleitete ihren Mann zwar regelmässig an Veranstaltungen, wirkte aber unscheinbar. Von ihrer Persönlichkeit drang wenig an die Öffentlichkeit, Interviews gab sie nicht. Nun zeigt sich: Vanessa Bryant ist eine Frau mit Überzeugungen – und auf einer Mission: Sie will das Vermächtnis von Kobe und Gianna Bryant bewahren.

Dazu passt auch das Ende der Zusammenarbeit mit Nike. Dem Vernehmen nach waren Kobe und Vanessa Bryant seit längerem unzufrieden mit dem knappen Angebot an Kobe-Schuhen in Kindergrösse – Heranwachsende sind keine besonders lukrative Zielgruppe für einen Sportartikelhersteller. Kobe Bryant aber war ein grosser Förderer von Nachwuchsbasketballern, insbesondere von Mädchen. Er trainierte das Team seiner Tochter Gianna, die als äussert talentierte Basketballspielerin galt. Die zweitälteste von vier Töchtern der Familie Bryant hätte dereinst wohl den Sprung in die Women’s National Basketball Association geschafft.

Als Coach zeigte Bryant eine Seite von sich, die während seiner Zeit als verbissener NBA-Profi selten zu sehen war: Er wirkte fürsorglich, herzlich und einfühlsam.

Vanessa Bryant führt Kobes Erbe nun als Familienprojekt weiter: Wenige Tage nachdem sie das Engagement mit Nike beendet hatte, lancierte sie mit ihren drei Töchtern eine neue Kleiderlinie namens Mambacita – der Spitzname von Gianna. NBA-Granden wie LeBron James, Stephen Curry, Kyrie Irving und Devin Booker trugen die Kleidungsstücke und machten Werbung. Der Erlös aus dem Verkauf fliesst vollumfänglich in eine Sportstiftung, die sich dafür einsetzt, Chancengleichheit für sozial benachteiligte Sportler und junge Frauen im Sport zu schaffen. Mädchen sollen ihre Begabungen zeigen und sich genau gleich wichtig fühlen können wie Knaben.

Es dürfte bloss eine Frage der Zeit sein, bis auch Kinder-Basketballschuhe zum Sortiment gehören.

Eine Neuerung mit Brisanz

sli.«Wer sich diesen Mist ausgedacht hat, muss gefeuert werden» – LeBron James vom Titelhalter Los Angeles Lakers hat eine klare Meinung zum neuen Play-in-Turnier. In einem Miniturnier ermitteln die in der Western und der Eastern Conference in den Rängen 7 bis 10 klassierten Teams je zwei Play-off-Teilnehmer. Früher qualifizierten sich die acht bestklassierten Franchisen pro Konferenz für die K.-o.-Phase. Da die Platzierungen früh feststanden, waren die Spiele in der Schlussphase der Regular Season bedeutungslos, die Stars wurden geschont. Mit der Modusänderung erhöht die NBA die Spannung – und verdient Geld. Das Play-in-Turnier lässt sich gut vermarkten, hohe Einschaltquoten sind garantiert.

Im Westen treffen die Lakers mit James auf die Golden State Warriors mit Stephen Curry. Der Gewinner zieht in die Play-offs ein, der Verlierer tritt zu einem Spiel der letzten Chance an – «go hard or go home».

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